Die Kombination der Liebe zu Tieren, zur kargen Schönheit der nordischen Länder, der Lust auf Abenteuer und der Suche nach dem „Unbekannten“ haben den Wunsch auf dieses Erlebnis in mir
geweckt.
Glücklicherweise fand ich diese Webseite, die meiner Vorstellung abseits des Tourismus entsprach.
Am Sa , 15.03. flog ich mit der LH von München nach Stockholm und weiter mit der SK nach Östersund; dort holten mich Jutta und Ingo ab.
Schon die ersten 2 ½ Stunden Autofahrt nach Ljungdalen waren voller Ereignisse und Schönheit. Orte wurden kleiner, verschwanden, ließen Raum den gefrorenen Flüssen, Seen, den verschneiten Wäldern
und öffneten den Blick auf die Gletscher des vor uns liegenden Fjells. Frische Elchspuren ließen die Hoffnung, ihn zu sehen, wahr werden. Imposant stand er im Wald, als wollte er mich in seiner
Heimat willkommen heißen.
Das aufsteigende Abendrot verzauberte die Landschaft mit seinem rosabläulichen Licht. Schon zu diesem Zeitpunkt war ich überzeugt, die richtige Entscheidung getroffen zu haben.
Das Häuschen klein, gemütlich, warm, alles hat seinen Platz, seinen Haken. Die Hunde begrüßen uns mit freudigem Bellen und Jaulen. Die ersten Handgriffe im Umgang mit den Hunden zeigen mehr meine Liebe zu ihnen, als Professionalität.
Wir gönnen uns ein asiatisches Gericht, Reis und Rotwein, Ingo schaut nach dem Wetter und bespricht daraufhin mit uns die Tour des nächsten Tages. Jutta und Ingo schlafen in der kleinen Hütte
nebenan und überlassen mir das Häuschen.
Eine steile Hühnerleiter führt hinauf in mein Reich, ich fühle mich wie ein Vogel in seinem Nest und schaue gebannt in den vor mir ausgebreiteten Sternenhimmel - mein Zuhause für die
kommenden 8 Tage.
Doch um richtig anzukommen, muss ich lernen, Vertrautes loszulassen und mich auf das Unbekannte einzulassen.
So , 16.03. - Der erste Morgen, es ist 20 Grad minus, doch das Knacken der drei Scheit Holz im Ofen wärmen Leib und Seele. Die aufgehende Sonne blinzelt in mein großes
Fenster, vor dem die Natur ihre ganze Pracht präsentiert. Mir bekannte und unbekannte Vogelarten, aber auch Eichhörnchen, holen sich die Reste von gestern und warten geduldig auf den
täglichen Nachschub.
Die Hunde erwachen, stecken die Köpfe aus ihren Hütten, erheben sich langsam, Ketten rasseln zaghaft, Stroh raschelt, ein Gähnen, Glieder strecken, der Blick zum Häuschen. Sie wissen genau,
nun dürfen sie im Gelände laufen, Ihre Notdurft verrichten, Schmusen, Tollen und bekommen ihre Futter- und Fleischration.
Jutta zaubert ein Frühstück, das keine Wünsche offen lässt und eine gute Grundlage für den Tag bildet; von gesunden Keimsprossen, selbstgebackenem Brot, Müsli bis Wurst, Käse und Marmelade. Meine Einweisung in künftige Abläufe, die Übergabe der Kleidung und Sicherheits-Gegenstände sind kurz, präzise und verständlich. Die Handhabung des Schlittens, das Einspannen des Hundeteams erklärt Ingo theoretisch wie praktisch sehr intensiv. Bei dieser Fülle von Informationen bin ich sehr froh, mich vorab mit der Thematik beschäftigt zu haben.
Um 12:00 Uhr möchte ich los, sagt Ingo – und er meint es auch so !! Große freudige Aufregung herrscht beim Anlegen der Geschirre, die Hunde jaulen, springen und wälzen sich im Schnee. Der Schlitten ist gepackt, kontrolliert und mit einer Leine am Baum befestigt. Zuerst die Leader, dann die Wheeler einspannen, Matte und Mittelbremse einsetzen, Sicherheitsleine lösen und los geht es. Das erste Mal kommt es mir vor, als wäre der Ausgang zu schmal, die Hunde ziehen in freudiger Erregung, ich konzentriere mich auf meine Angst und falle, hänge am Schlitten und stehe mit Hilfe der einweisenden Worte von Ingo und Juttas Hilfe schnell wieder auf den Kufen. Die erste Erfahrung des Fallens hat mir Sicherheit gebracht, doch meine Bewegungen sind noch angespannt und bringen nicht das von mir erwartete Lenkergebnis.
Die 30 km Fahrt zwischen dem, am Fluss Ljugan und Wald liegenden, Trail vorbei an farbigen Holzhäuschen von Storsjö, quer über den gefrorenen See Storsjön, durch nicht gespurtes Gelände, die erste kurvige Abfahrt durch den Wald, dazu die wärmende Sonne, die kalte Schönheit der Natur, das begeisterte Jaulen und Keuchen der Hunde vermitteln mir ein tiefes Glücksgefühl. Die Einfahrt habe ich ohne Angst geschafft, nun bekommen die Hunde ihr Dankeschön in Form von Streicheleinheiten, Worten und natürlich einem Fleischsnack. Ausspannen, Geschirre an den vorgesehenen Haken, Schlitten klarieren und das Erlebte bei Kaba und selbstgebackenem Apfel-, und Birnenkuchen erst einmal setzen lassen. Wir fahren nach Ljungdalen zum ICA einkaufen, denn heute Abend gibt es leckeres Cilli con Carne. Lange liege ich wach, schaue in die Dunkelheit der Nacht und verarbeite die Eindrücke des Tages. Noch bin ich zu sehr in meinen Verhaltensmustern verstrickt um mich auf die Regeln der großen Eigenverantwortung, Reduzierung der Erwartungen, Wachsamkeit mit all meinen Sinnen, der Konzentration auf das Wesentliche und dem richtigen Einsetzen meiner Energie einlassen zu können. Zweifel nein, ich bin glücklich und gespannt auf die kommenden Herausforderungen.
Mo , 17.03. - Heute, an meinem zweiten Tag freue ich mich auf das allmorgendliche Ritual mit den Hunden. Ingo erklärt mir die Geschichte des Hundeschlittenfahrens, die unterschiedlichen Hunderassen und ihre Eigenschaften. Er gibt mir sehr interessante Einblicke in Verhaltensweisen der Hunde, Rangordnungen und Körpersprache. 10 Grad minus, ein strahlender Tag, in 1 Stunde fahren wir mit 3 Gespannen, es geht ins Fjell!
Mit Charlie und Smilla im Lead, Kyell und Nyjal im Wheel geht es – nach einem anfänglichen Schreck – auf dem Trail Richtung Ljungdalen, steil und kurvig durch den Wald hinauf, über freie golden
leuchtende Schneehänge, über den Ojönsee (848 m) und abseits des gespurtes Geländes zu unserem Rastplatz.
Die Hunde bekommen ihren Fleischsnack, werden, um Bewegungsfreiheit zu haben, von der neck-line gelöst, Ingo schaufelt eine Mulde in den windgeschützten Hang (1000 HM). Wir liegen auf unseren
Isomatten, essen, trinken und genießen die wärmenden Sonnenstrahlen und den traumhaften Ausblick auf die Gletscher. Bei Hund und Mensch kehrt Ruhe ein!
Zurück geht es den Trail über die Bergrücken des Fjells vorbei an Gletschern, dem Himmelsrasta und natürlich die steile und kurvige Waldabfahrt auch wieder hinunter, was meine volle Aufmerksamkeit erfordert. Das gleichmäßige Laufen der Hunde verlangsame ich durch Ferseneinsatz auf der Bremsmatte, denn Charlie muss seine Notdurft verrichten, was er mir vorab durch umschauen signalisiert hat. Ich versuche den Schlitten über unbefleckten Schnee zu lenken, löse die Matte, die Hunde laufen wieder ihren gleichmäßigen kraft-schonenden Rhytmus.
Der Einsatz der Fersen, Bremsmatte und Mittelbremse erfolgt schon vorausschauender, die Gewichtsverlagerung und Lenkversuche werden entspannter, die Resultate erfolgreicher. Bei den Hunden und mir stellt sich ein Gleichklang von Genuss und Konzentration ein.
Nach Versorgung der Hunde, klarieren des Schlittens und der Utensilien beobachtet Ingo jeden Hund eingehend, kontrolliert die Pfoten, Gelenke und Muskeln. Die Entscheidung einer Behandlung, der Futter- und Flüssigkeitsration und des Einsatzes am nächsten Tag wird getroffen.
Heute Abend ist um 19:00 Uhr Mushertreffen bei Regine und Ulli in Ljungdalen. Ein sehr netter Abschluss des Tages mit interessanten Menschen, Gesprächen und leckerem Renskov (Rentiergeschnetzeltem).
Di , 18.03. – Diese Nacht bin ich im Traum weitergefahren, habe gebremst und mein Gewicht verlagert; trotzdem fühle ich mich ausgeschlafen. Es ist bewölkt und schneit, das Fjell liegt in Wolken, es ist mit + 4 Grad viel zu warm.
Heute ist Ruhetag für die Hunde, jeder gestaltet seinen Tag. Ich habe mich für eine Schneeschuhwanderung nach Ljungdalen und die Beobachtung der zahlreichen Vogelarten, besonders des nur in Schweden vorkommenden „Lavskryka“ entschieden.
Mi , 19.03.– Der neue Morgen ist trüb, es hat viel geschneit, die Sonne versucht durchzubrechen doch der Wind bläst stark dagegen. Erst die Hunde, dann uns versorgen, anschließend sehen wir weiter! Gegen Mittag geht es doch los, Ingo möchte sogar die große Runde über das Fjell mit mir machen, ich freue mich sehr.
Außer dem Routinecheck ist es wichtig auf Brotzeit, Getränke und warme Sachen zu achten und mich unter dem Overall warm anzuziehen. Auf dem schon gewohnten Trail nach Ljungdalen gleiten wir in sicherem Abstand, jedoch mit Sichtkontakt Richtung Wald, über einen der vielen gefrorenen Seen.
Wir machen wir eine Abkürzung durch Tiefschnee; es ist ein erhebendes Gefühl, in unberührten Hängen die eigenen Spuren zu legen. Die Sonne hat gewonnen und verwöhnt mit einem grandiosen Ausblick, der sich von Bergrücken zu Bergrücken erneut öffnet und den Wunsch, nie anzuhalten, weckt. Vor uns liegt das hügelige Fjell aus dem dominant der Helags mit seinen 1700 m und der Predigstolen mit immerhin 1682 m herausragen.
Immer wieder begegnen uns Skooter, die ihre Fahrt verlangsamen, oder in engeren Passagen sogar abstoppen und freundlich grüßen.
Vorbei am Kesundjönsee über den Ljungan (Fluss) geht es in die schmale, steile und kurvenreiche Strecke durch den Wald mit ihren tiefen Bodenwellen, die mich durchschüttelt und dreidimensionales
Ausgleichen erfordert; doch mit den ganzen Füßen auf der Matte und teilweisem Einsatz der Mittelbremse werden die Hunde nicht überfordert. Zur Not hätte ich noch den Einsatz der Kette, es ist ein
gutes Gefühl, das zu wissen. Vorausschauend sehe ich eine abfallende Rechtskurve und nach den Bäumen eine aufsteigende Linkskurve, ich löse die Matte nicht und bremse den Schlitten mit den Fersen
auf dem Boden, um das gleich darauf notwendige Heben der Matte zu vermeiden. Die Hunde danken es mir durch gleichmäßige Geschwindigkeit. In der Abfahrt nehmen sie die Rechtskurve voller Freude
und steuern plötzlich auf eine mir durch Bäume verdeckte schmale Brücke zu. Als mir der Atem kurzfristig stockt laufen sie bereits auf die Steigung zu, die Geschwindigkeit nimmt ab und ich helfe
ihnen durch seitliches Stehen und Anschieben des Schlittens. Das Gefühl danach war unbeschreiblich, ich hatte keine Zeit für Angst, meine Wachsamkeit hat meine Unsicherheit besiegt – ich bin in
diesem wunderbaren „Unbekannten“ angekommen!!
Wir waren schnell unterwegs, versorgen die Hunde mit Lob, Streicheleinheiten und einem Snack, lassen sie ruhen und kommen gerade recht zu Juttas feinen lauwarmen Zimtschnecken und einer Tasse
dampfendem Tee. Mein Appetit steigert sich täglich, worüber sich Jutta und Ingo sehr freuen und Ingo zu weiteren neckischen Essaufforderungen beim heutigen Linsenauflauf mit Reis anspornt.
Nach einer sehr schönen DVD „Der Junge und der Wolf“ entlässt mich vom Vollmond, erfüllt von den Erlebnissen des Tages, in die Ruhe der Nacht.
Do , 20.03. – Durch die Bäume spitzt schon die Sonne, es ist 4 Grad minus, der Altschnee ist harschig, schwer und durch den darauf liegenden Neuschnee auch tief. Heute geht es mit 3 Gespannen und den „jungen Hunden“ auf den 1278 m hohen Dunsjöf. Das bedeutet, gute 4 Stunden und 600 Höhenmeter.
Ausgelassen freuen sie sich auf das Laufen, wälzen sich jaulend zwischen den vorbereiteten Schlitten und warten mit erhobenen Köpfen auf den Aufruf ihres Namens. Von Ljungdalen verläuft das rechte Tal steil bergauf, immer wieder drehen die Leader den Kopf, um Mithilfe zu erbitten, oder versuchen im Lauf ihre Notdurft zu verrichten. Der Weg führt durch immer niedriger werdenden Mischwald, bis wir die Baumgrenze erreichen und abseits des Trails, durch nicht gespurten schweren Altschnee, langsam Höhe gewinnen. Meine Augen sind trotz Sonnenbrille vom unendlichen Weiß geblendet, werden aber von dem tiefen Blau des darüber ausgebreiteten Himmels wieder beruhigt. Die Querung des Dunsjönsees in 1120 m ist für die Hunde eine Erleichterung und ein neues Kräftesammeln für den erneuten Aufstieg auf den Dunsjöf.
Der Aufstieg war für die Hunde anstrengend und Freude zugleich, von der neck-line befreit, die Fleischration erhalten, den 3. Schneeanker gesetzt, lassen sie sich mit hängenden Zungen in den Schnee fallen, zeigen jedoch bei der kleinsten Aufmunterung neue Kräfte und den Willen zum Laufen. Nachdem auch wir in unserer windstillen Schneegrube liegen, den Augenblick und traumhaften Ausblick genießen, gehen auch die Hunde in Ruhestellung.
Baldur liegt lang ausgestreckt, Smilla schläft im Stehen, Charlie hat sich eingerollt, Nyjal buddelt noch an seinem Schneeloch und dreht sich, um die richtige Schlafstellung zu finden, die kleine Freia versteht nicht, warum sie rasten soll, jault und wird von ihrer Schwester Swenja durch Kopf auflegen beruhigt.
Die Kälte steigt langsam durch die Matte und erreicht den Körper, wir brechen auf, die Hunde begrüßen diese Entscheidung freudig jaulend. Gefühlte 40 % Gefälle sind selbst für erfahrene Hunde und Musher eine Herausforderung, dazu dieser schwere Schnee, deshalb wählt Ingo den Rückweg auf der gleichen Route. Bei richtigem Abbremsen und Lenken des Schlittens sind die Hunde nun bergab in ihrem Element, sie setzen ihre und die Freude des Mushers in Kraft um und lassen sich nur durch die Witterung von Schneehühnern aus der Ruhe bringen. Ihren Lauf können weder Seen, Eisplatten, Bodenwellen, Kurven, Bäume, Tiefschnee, Brücken, Anstieg , Gefälle oder Skooter bremsen, es ist meine Aufgabe, den Hunden ein gesundes, kraftschonendes Laufen zu ermöglichen.
Nach Streicheleinheiten, dem Versorgen der Hunde, sowie der gewohnten Tätigkeiten sitzt Ingo noch lange vor dem Häuschen, um ihr Verhalten und ihre Bewegungen zu beobachten. Auf Grund dieser Erkenntnisse massiert er Muskeln, Gelenke, kontrolliert Ballen, trägt Salbe auf, wobei lobende, bei Bedarf auch bestimmende Worte, oder eine Leckerei diesen Ablauf begleiten.
Erst sehr spät begreife ich, dass Ingo nicht nur die Hunde beobachtet, um die richtige Entscheidung für den kommenden Tag zu treffen. Nein, auch ich profitiere von seiner Beobachtung, mit der er mich täglich mehr und mehr an die von mir erhofften Erlebnisse und Ergebnisse herangeführt.
Es fängt wieder an zu schneien, der Wind frischt auf, die Nacht lockt unser Raufußkäuzchen aus seinem Quartier, um vor unserem Fenster die Mäuse zu jagen, die sich das Körner-, und Fleischrestefutter der Vögel teilen.
Fr , 21.03. – Glücklich und bereit für den neuen Tag schlüpfe ich in meinen Overall, die Boots und meine Arbeitshandschuhe und freue mich auf die Berührungen und das Füttern der Hunde. Es ist mit + 6 Grad sehr warm, der Schnee fängt an zu tauen und nicht mehr so schön auszusehen wie in den letzten Tagen.
16 Hunde laufen, springen und jaulen um uns herum, als die drei Schlitten hergerichtet und Hundegeschirre vom Haken genommen werden. Es bedarf Durchsetzungsvermögen und ein lautes Organ, bis alle ablaufbereit eingespannt sind. Kontrolle der Leinen, Panikverschluss lösen und los geht es in den Norden des Fjells.
Über Ljungdalen, bergauf dem Trail folgend in und über die Seenlandschaft Falkvältjarnarna.
Dicke Wolken durchziehen den hellen klaren Horizont, die es der Sonne nicht erlauben, durchzudringen. Sie sind unser ständiger Begleiter bei der Umrundung des Falkvälen (910 m) und lassen die Landschaft mystisch erscheinen. Die Rückseite des Dunsjöf, unserer gestrigen Tour, wirkt bedrohlich und hat seinen Scharm von gestern verloren. Steil, kurvig und eng, mit hohen Bodenwellen, die Bremsmatte umgehend voll schwerem Schnee, der durch Heben, oder mit den Füssen entfernt werden muss, führt der Trail durch den Wald zurück und verläuft ein Stück auf der Straße, die keinen Genuss darstellt, aber erfreulicherweise bald um den Lauf des Ljungan (Fluss) und den heimatlichen Trail mündet.
Jutta und ich fahren mit dem Auto nach Ljungdalen einkaufen und anschließend zu Regine und Ulli zu Kaffee, Tee und Kuchen. Der Besuch in der Weberei Hemslöjd versetzt mich in eine andere Zeitepoche und stärkt mein Verständnis für die liebevollen Erzählungen meiner Mutti, die ihren Beruf der Handweberin noch immer liebt. Ein Einkauf dieser wunderbaren in Handarbeit hergestellten Gegenstände war nicht zu vermeiden, nur einzugrenzen.
Gerade rechtzeitig kommen wir zum Füttern der Hunde zurück, die heute sehr unruhig sind. Der starke Wind der in den Baumwipfeln rauscht, als würde Wasser tosend durch sein Bachbett rauschen und die unnatürliche Wärme halten auch uns in ihrem Bann. Wir stärken uns mit der Pizza von gestern, Salat und einem leckeren Nachtisch, dann beendet eine sternenklare Nacht diesen schönen und doch ganz anderen Tag.
Sa 22.03. – Mein letzter Tag!
Ingo beschert mir eine große Freude, er will mit mir die 75 km große Runde auf die Flatruet machen, obwohl das Wetter unbeständig und der Schnee nicht optimal ist.
Um 10:00 Uhr, nach einem kräftigen Frühstück, sind alle Vorbereitungen getroffen, die Hunde in Lauflaune. Über den mir nun schon vertrauten Trail nach Ljungdalen, zaghafte Sonnenstrahlen begleiten uns die enge, kurvige und lange Steigung durch den Wald, wir überqueren in Begleitung dicker dunkler Wolken den Viksjön (See), im Sonnenschein geht es vorbei an Skärkdalen, auf den Trail der riesigen weißen Fläche der Flatruet, parallel entlang der Passstrasse.
Dort peitscht der Wind, die Hunde und der Schlitten müssen in Schräglage laufen, um nicht abzudriften. Ich stülpe die Fellmütze über, ziehe den Flies über Mund und Ohren und stecke meine Sonnenbrille in die Brusttasche des Overalls, denn der Schneestaub klebt auf den Gläsern und behindert die Sicht.
Die Linkskurve nach Osten Richtung Messlingen lässt den Wind nun von schräg vorne einfallen und versucht, den Lauf der Hunde auszubremsen, ich gehe in die Knie um den Widerstand so gering wie möglich zu halten. Ab vom Trail in Richtung Norden beginnt es zu schneien, der Wind, gemischt mit hart aufprallenden Schneeflocken, kommt nun böig und kalt von vorne.
Ich sehe nichts mehr, meine Augen schmerzen, versuche meine Brille aufzusetzen, der Bügel bricht, doch in dieser Situation besser als nichts. Der Schnee ist tief und schwer; Hunde und
Schlitten brechen immer wieder ein. Der schützende Wald erleichtert die Fahrt, es geht erneut kurvig bergab, die Bodenwellen lassen den Schlitten springen. Ohne nachzudenken bremse, bücke,
schiebe, lenke, gleiche ich aus und steuere in die, auf uns zukommenden Kurven.
Die Sonne bricht durch die Wolken, wir erreichen das Ufer des Storsjön, die Schneedecke wird flacher, die Schneeoberfläche härter, die Hunde verfallen in einen gleichmäßigen Trab – ich bin
mächtig stolz auf sie.
Wir erreichen die Straße, auf der wir ein Stück zurücklegen müssen und suchen den Schnee, um die Pfoten der Hunde wie die Kufen der Schlitten zu schonen. Baufahrzeuge, deren Reifen menschengroß sind, lassen wir vorbei, indem wir eine schneebedeckte Fläche mit seitlichem Schneewall suchen, um dort den Schneeanker fest zu machen; die Hunde halten wir am Halsband Richtung Schneewall. Wieder zurück im Schnee laufen die Hunde, als hätten sie gerade erst begonnen, sie wissen genau, gleich sind wir zuhause. Der Skooter-Trail mündet in den von Ingo angelegten und zum Häuschen führenden kleinen Trail, die Hunde wollen heim, ziehen, laufen, kürzen 3 Meter vor der Einmündung nach rechts ab und sinken bis zu den Schultern im Tiefschnee ein, der Schlitten kippt nach rechts, die Zugleine spannt sich von hinten über Nyjal und drückt ihn auf Kjell, der sein Unbehagen über diese Situation in lautem Knurren kund tut. Intuitiv ramme ich die Schneeanker in den tiefen Schnee, bewege mich langsam ohne den Schlitten loszulassen zu meinen Wheelern, ziehe kräftig die Zugleine nach oben und Nyjal am Halsband auf die rechte Seite der Leine. In gutgemeintem, doch energischem Ton fordere ich Kjell zur Ruhe und Nyjal zum Seitenwechsel auf, prüfe tug- und neck-lines und kehre ständig tief im Schnee einsinkend zu meinem liegenden Schlitten zurück.
Die Hunde beginnen zu ziehen, was ich mit lautem „Stehen“ und festhalten des Schlittens zu verhindern suche. Nachdem ich die tief eingegrabenen Kufen finde, stelle ich den Schlitten auf, suche und löse die tief versunkenen Schneeanker, um die letzten 300 Meter auf dem Trail durch die anfänglich „zu“ schmale Einfahrt nach Hause zu fahren. Der Blick auf die Hunde, alles in Ordnung und somit keine weitere Erklärung nötig – ich bin mächtig glücklich über den Ausgang und die Leistung unseres Teams.
Es ist 23:00, gepackt nein, gepackt habe ich noch nicht. Ich kann sowieso nicht schlafen und packe meine Sachen spät in der Nacht, schaue in den Sternenhimmel und träume mit offenen Augen.
So , 23.03. - 09:00 Uhr ist Abfahrt nach einem, wiedermal wunderbaren Frühstück. Die Strecke ist die gleiche wie vor 8 Tagen doch ist es anders, oder bin ich es die sich
verändert hat?
Mit jedem Blick sauge ich die Landschaft auf und verabschiede mich bedankend. Gesprochen wird von Jutta, Ingo und auch mir nicht viel, es gibt nichts zu sagen, was wir nicht alle Drei fühlen
könnten. Die Verabschiedung am Flughafen ist kurz, mir stehen die Tränen in den Augen, Jutta und Ingo respektieren das und lassen mich ohne Umschauen oder Winken zurück.